CARMINE

Ben G. Fodor

Lichtinstallation mit kinetischem Element; projizierte Fotoarbeiten;

C-Prints auf Glas, Chromaluxe-Prints, SW-Analog-Print auf Barytpapier

 

Fodors Arbeit der vergangenen Jahre kreist unter anderem um die künstlerische Untersuchung vergangener Utopien und Dystopien, und um die gesellschaftliche Frage nach neuen „utopischen“ Horizonten, einer Neuerfindung utopischen Denkens.

In dem Projekt Carmine geht Fodor einen Schritt weiter und versucht, die schon ansatzweise vorhandenen neuen Horizonte künstlerisch auszuloten.

Fodor zeigt sich „überzeugt, dass wir nicht mehr zeitgemäß sehen. Dass unsere Krise auch eine Krise des Sehens ist. In einer Art Zukunfts-Archäologie versuche ich visuelle Räume zur Überwindung dieser Krise zu öffnen; es sind Räume jenseits des konventionellen zentralperspektivisch geprägten Blicks.“

In der Dunkelheit des Ausstellungsraums projiziert Fodor zum einen Linien und Punkte roten Laserlichts an die Wände. Einige der Punkte geraten in Bewegung, dank einem abgehängten Stahlblech, das in Drehung gerät durch die von den Besuchern erzeugten Luftbewegung. Für die Projektion selbst entwickelte der Künstler einen Kubus aus schwarzem Plexiglas mit Einschnitten und einer speziellen Glasoptik; der Kubus stellt für sich selbst eine Skulptur dar.

Zum anderen „malt“ Fodor im Atelier mit bewegtem Laserlicht. Mittels fotografischer Langzeitbelichtung entstehen daraus Bilder, die unwiederholbar sind (sie können nur einmal fotografiert werden). Das Ergebnis sind immaterielle Raum-Architekturen aus Linien und Flächen. Die Bilder wirken weder flach noch perspektivisch gestaffelt (oder beides). Die Dimension des Raums, in dem das Bild steht, ist nicht erahnbar und damit potentiell unendlich. Die Transparenz und Köperlosigkeit des Lichts ermöglicht eine Räumlichkeit unbekannter Natur.

Einige der „Lichtmalereien“ werden direkt auf 8cm starkes Glas (Breite je ca. 1 m 30) gedruckt. Bei entsprechender Aufstellung bzw. Abhängung als Objekte im Raum sind sowohl die wie ein Wasserspiegel glänzende Vorderseite als auch die matte Rückseite sichtbar. Durch die Veränderungen des Lichts bleiben die Arbeiten visuell dauerhaft „in Bewegung“.

 

Ausgestellt u.a.: Ludwig Museum Budapest. ARCC Wien / Marcello Farabegoli Projects. Parallel & konkordant auf der Parallel Vienna 2017

 

 

photos, drawings, objects. Book: Kerber publishers (Germany)

Ben G. Fodor:  I.V.N. (Incipit Vita Nova)

Holzmaquetten, Zeichnungen auf Verputzfragmenten, C-Prints auf Dibond, gerahmt

 

I.V.N. ist ein Langzeitprojekt, entstanden in den Jahren 1999 – 2013. Die Werkgruppe besteht aus Fotoarbeiten, semi-fiktionalen Architekturmodellen sowie Zeichnungen auf abgeschlagenen Verputzfragmenten, die archäologischen Fundstücken ähneln.

 

Das Projekt stellt eine groß angelegte künstlerische Recherche zur Rolle von Utopien in Vergangenheit und Zukunft dar, „eine Archäologie von Raum und Macht. Fodors Interesse an Architektur ist nicht einfach architektonischer, sondern konzeptueller und politischer Natur“ (Sylvère Lotringer). Mit I.V.N. „reiht sich Fodor ein in die Genealogie wichtiger Künstler, die sich mit Motiven des Zusammenspiels von Ideologie, Architektur und verschütteten Utopien auseinandergesetzt haben. Wichtig ist, dass erstmals Querverbindungen innerhalb dieses Spektrums gesucht werden“. (Georg Schöllhammer). Nämlich Querverbindungen zwischen architektonischen Spuren des realen Sozialismus wie auch des Faschismus und des Nationalsozialismus. „Diese politisch grundierte Recherche vergisst aber auch nicht, die architektonischen Embleme des aktuellen Souveräns, d.h. des Kapitals, in diesen Vergleich mit einzubeziehen“ (Peter Kunitzky, Kritiker für die taz, springerin u.v.m., in eikon).

 

Die realen Gebäude, die den semifiktionalen Holzmodellen zugrunde liegen, „visualisieren Gedankengebäude. Von diesen Gedankengebäuden leite ich die Modelle ab“ (Fodor).

Die drei Holzboxen im Zyklus - Pater Noster Square, Hiroshima und Tempelhof - oszillieren zwischen Luftbildern von realen Orten und abstrakten Grafiken. Pater noster square zitiert den Platz vor der Londoner Börse mit seinem charakteristischen Bodenmuster. Die Statue vis à vis der Börse ersetzt Fodor durch eine Spielfigur.

 

Ausstellungen u.a.: Kunstsammlung Jena (große Museumsschau); Kepes Zentrum Eger, The Barn Oxford in Kooperation mit dem ZKM Karlsruhe

 

2014 erschien bei Kerber (Bielefeld / Berlin) ein 220-seitiges Künstlerbuch mit Texten / conversations von Sylvère Lotringer und Georg Schöllhammer.

 

 photos, drawings, objects. Buch: Kerber publishers

人类圈

Ben G. Fodor: NOOSPHERE

C-Prints on Dibond, framed

In dem Zyklus noosphere thematisiert Ben G. Fodor einen sich wandelnden Blick auf die Welt, der unter den Bedingungen von Globalisierung und Massenmigration möglich wird.
Zur Entstehungszeit der Serie 2007 hielt der 1981 aus Ungarn geflüchtete Künstler fest:„Durch das Exil vermag man stufenweise einen Zustand zu erreichen, für den ich nachträglich den Begriff „im geistigen Orbit“ gefunden habe. Die Erfahrung des Exils ist die Raumkapsel, aus der ich zu fotografieren beginnen kann. Was ich aus dieser Perspektive mit der Kamera zu sehen versuche, ist ein neues Universum – ein buchstäblich ‚erfundenes’ Universum, zusammengebastelt aus visuellen Fundstücken. Die Bilder zeigen reale, bekannte Gegenstände und Szenarien, ohne Spezialobjektive abgelichtet und nicht digital bearbeitet; jedoch so fotografiert, dass man sie neu sehen kann.
„Um die Erdoberfläche legt sich eine vibrierende Zeitgeisthülle wie in einem Bienenstock, bevor die Bienen ausschwärmen. Dieser soziale Klimawandel verlang nach neuen Blickwinkeln: Es braucht die Multiperspektivität des Migrantenblicks“.
noosphere bedeutet „Sphäre des menschlichen Denkens“. Eine „intelligente Hülle“ um den Globus, die alle geistigen Prozesse umfasst. Der Begriff wurde in den 1920er Jahren von dem Theologen Teilhard des Chardin und dem Biogeochemiker Wladimir Wernadski geprägt, und in den 1980er von Medientheoretikern wie Marshall McLuhan neu belebt. Fodor ging nicht den virtual reality-Bezügen des Wortes nach, sondern versuchte, die Noosphäre in künstlerischer Hinsicht neu zu erfinden.
Ausgestellt u.a.: Hauptausstellung steirischer herbst 2008
Zu noosphere ist 2007 ein Künstlerbuch mit einem Essay von Marc Gisbourne erschienen. An dem Projekt war Cathrin Pichler kuratorisch beteiligt.

 

 

Fodor’s Wall
Skulptur im öffentlichen Raum, 2012 / 2016. Lichtbeton, Fotoarbeit auf Glas, 320 x 235 cm (Sockeltiefe: 120 cm).
Fodor’s Wall ist ein Grenzmauerstück aus Feinbeton mit lichtleitenden Fasern, sodaß man durch die scheinbar „ganz normale“ Betonoberfläche Licht und Schatten,
Silhouetten und Bewegung wahrnehmen kann. Die Arbeit thematisiert Ein- und Ausschluss, Beschützen und Einsperren. Fodor hat damit unmittelbare Erfahrungen
aufgrund seiner eigenen Biographie als Flüchtling. Zur Deckung gebracht werden zwei inkompatible Bilder: Der abweisende Charakter
einer realen Sperrmauer und die Attraktivität der „schönen“ transluzenten Mauer, die zu einem spielerischen Umgang einlädt (Pantomimen hinter der Mauer, Handyfotos der
Silhouetten etc.).
Fodor’s Wall wurde 2016 im Rahmen der school of kyiv department
Vienna (Kurator/innen: Georg Schöllhammer und Hedwig Saxenhuber) realisiert.
(Temporäre Aufstellungsorte: 2016 Franz Jonas-Platz Wien 21, 2018/19 Freyung Wien 1.
In Vorbereitung: Aufstellungen Brüssel und Berlin)